Predigt - Heiliger Abend

Liebe Gemeinde,

ich habe eine Sehnsucht. Eine Sehnsucht danach, dass alles wieder gut ist. Eine Sehnsucht danach, dass Weihnachten wird und es ein Fest des Friedens ist. Und doch ist es für mich heute eine bittere Realität, dass ich weiter sehnsüchtig bleiben werden, weil es wohl auch dieses Weihnachten keinen Frieden geben wird. Seit dem 24. Februar 2022 herrscht ein Krieg in der Ukraine. Seit dem 16. September 2022 ist eine Revolution im Iran. Und immer noch ist da das COVID-Virus in dieser Welt und in unserem Land. Im Januar noch habe ich gehofft, dass dieses Jahr besser wird als die vergangenen beiden Pandemiejahre. Ja, mit COVID haben wir gelernt umzugehen. Die Sehnsucht, mich wieder mit anderen zu treffen wurde ein großes Stück gestillt. Doch die Sehnsucht nach einer friedlichen Welt ist weiter groß bei mir.

Und ich frage mich wie werden die Menschen in der Ukraine ihr Weihnachtsfest im Januar 2023 feiern? Ist da alles vorbei?

 

Ich erinnere mich an eine Erzählung aus dem 1. Weltkrieg: Es ist Heiligabend im ersten Kriegsjahr 1914. An der Westfront stehen sich britische und deutsche Soldaten gegenüber. Und doch kommt es zum Weihnachtsfrieden. Auch die Soldaten haben eine Sehnsucht danach, Weihnachten in Frieden zu verbringen. Und es soll Friede herrschen. In den Weihnachtstagen fällt dort kein einziger Schuss. Der Erzählung zufolge verlassen beide Seiten ihre Gräben, gehen aufeinander zu, singen miteinander:

silent night – Stille Nacht. Und so sollte es auch sein.

Ein Lied, eine Botschaft bringt die Menschen zusammen. Es singt vom Evangelium, das wir gehört haben. Von diesem Moment, da Gott Mensch wird, am Abend, in tiefer Nacht, in der alles Dunkel scheint – alles? Nein, nicht alles, denn der Stern erhellt diese Nacht, Gott selbst erhellt diese Nacht.

In dieser Nacht geschieht es, dass diese Botschaft zu den Menschen kommt, die ein Außenseiterleben führen. Die Hirten, weit draußen auf dem Feld.

Nicht in einem Dorf oder einer Stadt, sondern ungeschützt und den Gefahren ausgesetzt. Zu den Hirten, die niemals gedacht haben, dass ihnen einmal eine große Rolle zukommt. Diesen Menschen verkündet der Engel als erstes Gottes Botschaft.

Diese Menschen gibt es auch heute: Wolodymyr Selenskyi oder Jina Mahsa Armini. Sie haben gezeigt, dass sie eine Stärke haben, die sie ermutigt. Aufzustehen gegen das Unrecht. Gegen die Anfeindungen von Regierungen.

Auch wenn es für Frau Armini mit dem Tod endete, ist ihre gelebte Freiheit nun Vorbild für viele Frauen. 

Stille Nacht, heilige Nacht. Es erzählt von einem Moment des Friedens. Davon, dass die Sehnsucht der Menschen gestillt wird – für einen Augenblick. Ein Lied stillt die Sehnsucht nach Frieden. Es ist ein Wunder, dass die Menschen still werden, weil sie sich auf die Botschaft der Geburt von Jesus besinnen. Auf ein Friede, der wie damals am Stall von Betlehem herrschte, als Maria und Josef ihr Wunder in den Händen hielten.

Das Wunder eines neugeborenen Lebens. Eines Lebens, dass zur Rettung für die Menschen wurde. Sprachlos und glücklich waren die Hirten, die Weisen, die Menschen dort am Stall. Still und glücklich sind auch wir, wenn wir am Heiligenabend an dieses Wunder danken. Das Wunder, das eine Sehnsucht stillt: Nach Rettung, nach Erlösung, nach Frieden für die Welt, nach Gemeinschaft, aber vor allem danach, dass Gott uns nahe kommt. Stille Nacht – Ja, Heilige Nacht!

 

Dieses Wunder der Heiligen Nacht ist es vermutlich, welches meine Sehnsucht wach hält. Weil diese Botschaft von einem Moment des Friedens erzählt. Ein Frieden, weil sich Gott von meiner Sehnsucht suchen und finden lässt. Ich habe die Sehnsucht, aber ich habe auch eine Hoffnung, dass Gott in diesen Zeiten nicht weg ist und doch lassen mich manche Nachrichten nach Gott fragen, zu Gott bitten: Komm, Gott! Komm wieder in unsere Welt mit deinem Frieden, deiner Rettung und deiner Botschaft.

Die Botschaft der Bibel, dass Gott seine Schöpfung liebt: So sehr, dass er selbst Mensch wurde. Seinen geliebten Sohn in unsere Welt sandte, damit wir Hoffnung haben, damit unsere Sehnsucht gestillt wird.

An diesem Weihnachtsfest 2022 bleibt die Erinnerung an das Leid in dieser Welt – im vergangenen Jahr. Das persönliche, aber auch politische. – Ihm steht aber Gottes Botschaft gegenüber und eine tiefe Gewissheit, dass Gott Frieden bringen wird, so wie damals in Betlehem.

Denken wir dieses Jahr an die Menschen, die Weihnachten nicht im Frieden verbringen können, sondern in Angst, Trauer und Gefahr. Denken wir an sie und beten für sie. Für uns soll es ein Fest sein, dass unsere Hoffnung an Gottes Frieden wach hält. Die Sehnsucht nach Gott.

Liebe Gemeinde, ich wünsche uns allen ein sehnsüchtiges Weihnachtsfest, in dem uns aber diese eine Botschaft Hoffnung gibt: Gott liebt diese Welt und wird Mensch. Ich glaube fest daran, dass diese Liebe Gottes immer noch spürbar ist.

Gesegnete Weihnachten.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen